headerimage

Vortrag zu Kipppunkten im Klimasystem löst Betroffenheit aus

Der Vortrag von Dipl.-Ing. Ellen Gerdes am Mittwochabend, 18. Juni, im WOW! (Wissensort Wolfenbüttel) wirkte bei den Zuhörenden wie ein Weckruf. Wenn auch das Bewusstsein für die Herausforderungen der Erderhitzung gewachsen ist, so ist jedoch das von sogenannten Kipppunkten ausgehende Risiko wenig bekannt. Was es mit diesen Kipppunkten auf sich hat und welche unausweichlichen Konsequenzen sie haben können, war eine neue und für die Anwesenden erschreckende Erkenntnis,

Würden Sie in ein Flugzeug steigen, das mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% abstürzt ?“, fragt Deutschlands führender Klimawissenschaftler Stefan Rahmstorf vom PIK (Potsdam Institut für Klimafolgenforschung). Der Vergleich schockiert, denn die Wahrscheinlichkeit, dass die nächste Menschengeneration solche Kipppunkte erlebt, ist weitaus höher.

Aber was genau sind diese Kipppunkte? Und warum fällt es so schwer, ihre Auswirkungen zu fassen? Dipl.–Ing. Ellen Gerdes ging in ihrem Vortrag diesen Fragen auf den Grund und erläuterte für Laien nachvollziehbar den wissenschaftlich belegten Zustand des globalen Klimasystems. Die Referentin, die sich selber als Klimaaktivistin bezeichnet, fesselte die Zuhörerinnen und Zuhörer nicht nur mit zahlreichen einprägsamen Grafiken und Bildern sowie zahlreichen Beispielen, sondern nutzte spontan auch einen Stuhl im Zuschauerraum, um anschaulich zu zeigen, dass ein Kipppunkt eine unumkehrbare Veränderung der Lage ist.

Es drohen wissenschaftlich belegt global unumkehrbare Umwälzungen, wie der aktuelle "Global Tipping Points Report" (Kipppunkte-Bericht) erläutertIn dem Vortrag wurde auch die aktuelle Forschung zu der besonders für Europa bedeutsamen Atlantischen Umwälzströmung (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC) zusammengefasst. So ist belegt, dass der AMOC mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% bis 2100 zusammenbrechen wird. Die jüngsten Modellberechnungen verschärfen diese katastrophale Prognose. Prof. Rahmstorf forscht zu Kipppunkten des AMOC. Er weist darauf hin, dass "35 bis 45% aller qualitativ hochwertigen Klimamodelle einen Kollaps des Wärmetransports der Nordatlantik-Ströme bereits in den 2030er Jahren prognostizieren und dass der AMOC schon jetzt Anzeichen eines Zusammenbruchs zeige. Ein Abriss würde das gesamte globale Klimasystem verschieben, mit arktischen Temperaturen im Winter von Berlin bis Norwegen, einem unbewohnbaren Nordeuropa, Dürren in tropischen Regionen und Überflutungen in Trockengebieten. Dies gilt es zu verhindern! Denn: „Das ist nicht die Zukunft irgendeiner anonymen Menschengeneration in hunderten von Jahren, sondern die Zukunft unserer Kinder. Und sie wird so eintreten, wenn wir nicht sofort Maßnahmen ergreifen", zitierte Ellen Gerdes den Klimaforscher Rahmstorf.

Es gelang Ellen Gerdes, die Zusammenhänge im Klimasystem zu vermitteln und Verständnis für Klimaschutz zu wecken. Zum Abschluss wurde gemeinsam überlegt, wie jede*r einzelne mit diesem Wissen umgehen kann und welche Handlungsmöglichkeiten sich anbieten. So verließen die Besucherinnen und Besucher zwar betroffen, aber keineswegs hilflos die Veranstaltung.

Der Vortrag wurde vom Arbeitskreis Wolfenbütteler Umweltmarkt (WUM) organisiert und bildete den Schlusspunkt des Rahmenprogramms zum WUM. Die Referentin Ellen Gerdes arbeitet als selbstständige Beraterin seit über 30 Jahren in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit u.a. in Pakistan, Jemen, Sudan und Ghana und berät Projekte in den Themenbereichen Wasserwirtschaft und Anpassung an den Klimawandel. Sie ist Zeugin der bereits gravierenden Folgen der klimatischen Veränderungen im globalen Süden. Diese Erfahrung setzte bei ihr den Impuls, sich ehrenamtlich zu engagieren und auf die Folgen der Erderhitzung und das aktuelle Massenaussterben der Arten aufmerksam zu machen. Seit 5 Jahren organisiert Ellen Gerdes Demonstrationen, Konferenzen und Vorträge im Bereich Klima- und Artenschutz. Sie ist gern bereit, weitere Vorträge z.B. in Wolfenbütteler Schulen oder bei Vereinen zu halten. Anfragen sind über die Kontaktseite des Wolfenbütteler Umweltmarkts (www.der-wum.de) möglich.

nach oben